Der Wecker piepste mich um 4 Uhr morgens aus dem Bett, damit wir rechtzeitig zum Fischmarkt in Istanbul aufbrechen könnten. Und obwohl ich anfangs keinerlei Ahnung hatte, wo ich mich befinden könnte, schwante mir nichts Gutes. Ich könnte wirklich aufstehen müssen. Aber was WAS scheuchte mich um diese unchristliche Uhrzeit aus dem Bett? Kurz bevor ich mich zurück in die Federn kuschelte, fiel es mir ein: Ich hatte mich verabredet! Für einen Besuch auf dem Istanbuler Fischmarkt mit dem Küchenchef des Hotel Intercontinental Istanbul.
Es war also höchste Zeit, ins Bad zu huschen. Eine Verabredung um 4:30 morgens – oder besser nachts – das gabs noch nie. Nach mehrfacher Fischmarkterfahrung verzichtete ich auf eine Dusche. Kurzes Zähneputzen, anziehen, in die Flip-Flops (heiß abwasch- und im schlimmsten Falle wegwerfbar), Kamera greifen und ab in die Hotellobby wo die anderen auf mich warten. Dieser Trip zum Fischmarkt in Istanbul würde sich in einem Punkt von meinen anderen Besuchen auf Großmärkten dieser Welt unterscheiden.
Doch dazu später mehr. Mit zwei Autos fuhren wir durch das menschenleere, nächtliche und ganz langsam erwachende Istanbul. Wer die Millionenmetropole kennt, der weiß, dass das Zeitfenster, in dem die Straßen wirklich wie leergefegt sind, sehr sehr kurz ist. Die Temperaturen sind um diese Zeit noch sehr angenehm, wenige Stunden später würde das Thermometer 39 Grad anzeigen, anfühlen würden die sich aber wie 47.
Durch das nächtliche Istanbul per Taxi
Gut eine halbe Stunde dauerte unsere Fahrt durch die Stadt am Bosporus. Der Audi A1, in dem ich hinten sitze, muss mittlerweile offenbar ganz ohne Federung auskommen. So bin ich hellwach als wir Kumkapi erreichten. Erst jetzt wird mir klar, dass der Fischmarkt sich an genau jenem Ort befindet, der mich auf meiner letzten Istanbulreise so begeistert hatte: Was von den heißen Nächten bleibt – ein Streifzug durch Kumkapi am Marmarameer bei Tag.
Nach meinen Erfahrungen auf dem größten Binnenfischmarkt der Welt, dem Billingsgate Market in London und dem entspannten Großmarkt in Malaga, glaubte ich zu wissen, was mich hier erwarten würde. Eine Menge vollbeladener Fischstände, viele brüllende Händler, geschäftiges Treiben und den unverkennbaren Geruch von frischem, kalten Fisch, der in deine Klamotten einzieht, ohne dass du es bemerkst und dich auch noch Tage später damit konfrontieren wird.
Umso überraschter war ich, als ich das sah:
Von Aufregung, Hektik, Geschrei oder Durcheinander keine Spur. Zudem gab es hier keinerlei ‚echte‘ Stände, sondern die Händler verkauften ihre frische Ware direkt auf dem Boden. Kühlkisten bepackt mit Fisch und Eis, das natürlich binnen Minuten schmolz, war der Fliesenboden eine einzige Wasserlache. Ich stahl den toten Fischen die Show. Touristin mit Kamera um den Hals, dazu eine ganze Mannschaft als Begleitung im Schlepptau. Darunter der Küchenchef des Intercontinental, der mir zeigte, worauf es bei der Auswahl von frischem Fisch ankam.
Ich muss ehrlich sein. Ich verstand nur die Hälfte. Zwar hatte ich eine sehr freundliche Übersetzerin dabei, aber dennoch hatte ich genug zu tun mit der Situation an sich. 20 starrende türkische Männer, allerlei Fisch vor meinen Füßen, die Händler, die das Intercontinental belieferten und natürlich einen guten Eindruck machen wollten mit der Größe und Frische ihres Fisches und ihn mir daher permanent für Fotos zurechtzupften und auf ein Foto warteten. Ich klickte. Wollte ja auch niemanden hier enttäuschen, wusste aber, dass ich hier nicht die Bilder machen würde, die ich hätte machen können, wenn ich einmal allein gewesen wäre. Kurzzeitig wünschte ich mir, jemand würde die ganze Truppe ablenken. Nach den ersten Minuten entspannte sich alles ein wenig.
Ich erfuhr, dass der Fischmarkt in den kälteren Monaten deutlich größer ist und die ganze Halle voll sei mit Händlern. Nur jetzt dürfe nicht viel gefischt werden, der Bosporus sei leergefischt, daher könnten die Fischer nur sehr eingeschränkt rausfahren.
Die steigenden Temperaturen setzten dem Treiben auch ein zeitliches Ende. So verließen wir den Fischmarkt gegen 6 Uhr, gerade rechtzeitig also die Sonne aufging und die Fischerboote in ein unglaubliches Licht hüllte. Mittlerweile hatte uns Hunger und Durst auf Cay und Kaffee gepackt und ich freute mich über eine Einladung zu einem ganz besonderen Frühstück mit vollbeladenem Tisch und dem wohl besten Blick auf den Bosporus. Was ein Moment!
Wissenswertes
Wer einen Fischmarkt besuchen will, sollte generell ein extra Outfit für diesen Besuch einplanen. Falls ihr keine Waschmaschine zur Hand habt. Denn auch wenn ihr denkt, frischer Fisch stinkt nicht: auch frischer Fisch zieht in eure Klamotten ein und lässt sich auch mit ein bisschen lüften nicht beseitigen. Flip-Flops sind perfektes Schuhwerk, wenn es warm genug ist, da sie heiß und mit Seife abwaschbar sind. Auf keinen Fall teure oder empfindliche Schuhe tragen, denn meist steht das Wasser auf dem Boden. Auf dem Fischmarkt getragene Klamotten auf keinen Fall in den Schrank hängen oder in den Koffer tun.
Klärt im Vorfeld ab, ob ihr auf dem Markt fotografieren dürft und ob ihr eine Erlaubnis zur Veröffentlichung der Bilder benötigt. Vor allem auf dem Billingsgate Market in London sind sie sehr streng: Wer mit Kamera hereinwill, wird meist angehalten. Für kommerzielle Fotoaufnahmen braucht ihr eine Lizenz. Alle Infos dazu findet ihr hier.
Das Kale Café ist kein Geheimtipp, aber wunderschöner Spot, um bei einem ausführlichen Frühstück in den Tag zu starten oder den Sonntag beim Brunch zu vertrödeln. Mit tollem Blick auf den Bosporus und ein toller Spot um den Sonnenaufgang zu beobachten. Weil es so gut wie keine Parkplätze gibt, gibt es günstiges Valet-Parkring. Also HIN!
Ich war in Istanbul im Rahmen einer Kooperation mit dem IHG Rewards Club.
Nächsten Sommer planen wir mit unserem Bully durch die Türkei zu fahren. Istanbul steht da ganz oben auf der Liste. Danke für diesen Tipp.
Eine tolle Photo-Kulisse auf jeden Fall! Ich würde es dort keine zwei Minuten aushalten ohne Wunderbaum in der Nase oder so… 😉
toll geschrieben – tolle Fotos, Istanbul ist und bleibt ein Traum – was man hier alles erleben kann, ohne Worte. Gerne denke ich an unseren trip dorthin zurück und freue mich auf den nächsten Trip…