Wie Streetart das Geisterdorf Doel vor dem Abriss retten könnte. Es geht um das Geisterdorf Doel in Belgien. Es besteht aus etwa 300 verlassenen Häusern, einer alte Mühle, einem Deich, einem Hafen, einem Atomkraftwerk Doel 3 und 26 zurückgebliebenen Einwohnern. Ein Geisterdorf, das verdammt ist, auf seinen endgültigen Abriss zu warten. Und mit ihm seine letzten Bewohner.
Streetart in Doel – das Geisterdorf in Belgien
Bereits 1968 wurde ein Baustopp für Doel verhängt. Der bewahrte das hübsch gelegene Dorf zwar vor einschneidenden, baulichen Erweiterungsmaßnahmen, besiegelte aber auch dessen düstere Zukunft, denn irgendwann in naher Zukunft würde es der Erweiterung des Antwerpener Hafens weichen müsse. Die Lebensqualität im Dorf sank mehr und mehr, die Dorfschule musste geschlossen werden, nachdem nur noch 8 Schüler regelmässig den Unterricht besuchten. In Doel besass auch der Künstler Peter Paul Rubens ein Wohnhaus, erbaut im Jahre 1612, nun soll es niedergewalzt werden! Ein historisches Gebäude, von dem man meinen sollte, der belgischen Regierung läge etwas daran, es zu erhalten.
In den letzten Wochen habe ich mich ein wenig mit Doel beschäftigt. Meine bisher veröffentlichten Artikel findet ihr hier:
Ein Geisterdorf voller Streetart – wie Doel gegen den Abriss kämpft
Ein Abend im Geisterdorf am Atomkraftwerk
Mal abgesehen von den unerwarteten Emotionen, die ich schon bei meinem ersten Besuch in Doel erlebte, faszinierten mich die großflächigen Graffiti, die Künstler auf so gut wie jedem Haus hinterlassen hatten. Mal sind es Kunstwerke, mal Schmierereien, mal Tags, auf jeden Fall findet sich hier eine bunte Streetart Mischung, was ganz klar nicht allen Dorfbewohnern gefiel.
Ein Streetart Künstler, der über Jahre hinweg im Dorf aktiv war, ist ROA. Seine Werke sind einzigartig, wie ich finde und wenn man sich ein wenig mit seiner Arbeit auseinandersetzt, extrem faszinierend. Für mich ist es zum Ritual geworden, im Vorfeld meiner Reisen zu recherchieren, ob es dort Werke von ROA gibt und wenn ja, wie viele. In San Juan, Puerto Rico gibt es 2. In Köln gibt es auch 2, in der Metropole London dagegen zum Beispiel deutlich mehr.
Aber in dem kleinen Dorf Doel habe ich 12 entdeckt! Wer sich ein wenig auskennt, wird das einordnen können. Und ich denke, ich lehne mich nicht zu sehr aus dem Fenster wenn ich behaupte, dass wohl in keinem Ort sonst auf der Welt so viele ROA Murals zu finden sind. Schon gar nicht auf so engem Raum. Nicht alle sind gut erhalten, einige sind übersprüht oder ‚ergänzt‘. Bei meinem ersten Besuch in Dole wusste ich durch einen Artikel von 5 Murals. Doch je länger ich mit den Kindern durch das Dorf lief, desto mehr entdeckten wir. Es war wie Ostereier suchen in XXL.
Es dauerte wenige Minuten, da hatten wir 6 gefunden, je länger wir suchten, desto mehr fanden wir. Als ich glaubte, alle gesehen zu haben, stiess ich bei meinem zweiten Besuch auf weitere.
Warum aber hinterließ ROA ausgerechnet hier im Dorf Doel so viele Murals?
Diese Frage hat mich beschäftigt, ist aber schnell beantwortet und hat mit einer naiven „Doel vor dem Abriss bewahren-Theorie“ nicht viel zu tun. ROA ist Belgier, stammt aus Gent, einer Stadt, die gerade mal 50 Kilometer von Doel entfernt ist. Anfangs vermutete ich, er habe eventuell einen Bezug zu diesem Ort, da sehr viele Belgier Familienangehörige haben, die direkt oder indirekt vom Schicksal des Dorfes betroffen sind. Doch die Theorie legte ich nach einigen Gesprächen schnell ad acta. ROA und all die anderen Künstler haben Doel schlicht als Übungsfläche genutzt. Als riesige, nicht illegale Trainings-Leinwand. Hinterlassen haben sie aber ein einzigartiges Gesamtwerk, das ich so noch nie gesehen habe.
All diese nun folgenden Bilder zeigen ROA Werke in Doel, die ich fotografiert habe. Es könnte aber sein, dass es noch das ein oder andere Mural mehr gibt, denn ich habe kein Haus betreten und nur eine große Halle. To be continued…
Faszinierend was Kunst aus einen geglaubten „toten“ Ort machen kann, gleichzeitig ist es immer wieder überraschend was man alles finden kann wenn man sich intensiver mit einem Ort beschäftigt. Gefällt mir sehr sehr gut liebe Heike.
Eine wunderschöne Adventszeit wünscht Dir Dani
@Daniela – danke Dani! Das Dorf ist auch echt zum Ausflugsziel geworden, auch wohl durch so Leute wie mich. 😉 ein Post dazu kommt noch…
Das ist wirklich ein ganz besonderer Lost Place. Vielen Dank für´s Zeigen.
Wo finde ich den Fortsetzungs-Artikel von Dir zu dem Thema?
Hm, im schlimmsten Fall müsstes du nach Doel suchen hier im Blog…
Ich versuche, die Artikel mal besser zu sortieren.
https://www.koeln-format.de/2013/12/08/ein-abend-im-geisterdorf-am-atomkraftwerk/
https://www.koeln-format.de/2013/12/10/wie-roa-und-andere-streetartists-ein-ganzes-geisterdorf-in-ein-kunstwerk-verwandelten/
Danke, ich hatte nur nach Lost Places gesucht 🙂
Toll! Doel als Gesamtkunstwerk. Vielleicht wird das Dorf ja doch als ein solches erhalten und damit das Rubens-Haus. Wie finden die Bewohner die neue „Popularität“? Eine zweite Chance für ein totgesagtes Dorf?
[…] trostloser, aber doch irgendwie spannend, ist der Ort, an den uns „Köln Format“ mit hinnimmt: Das belgische Dorf Doel ist verlassen und wird jedoch von Streetart-Künstlern sozusagen zu neuem […]
Hallo Heike,
ich war am Pfingstsonntag in Doel nachdem ich vorher recherchiert hatte, ob es Doel noch gibt. Seit deinem Artikel sind ja mittlerweile fünf Jahre vergangen. Es gibt dieses Geisterdorf immer noch, da der Hafen nicht weiter ausgebaut werden soll. Einige Kunstwerke sind verblasst, andere übersprüht. Die Holztafeln vor den Türen und Fenstern wurden durch stabile Blechverkleidungen ausgetauscht die auch noch nicht besprüht wurden, scheinen also noch nicht so alt zu sein. Es ist wirklich ein ganz schön surrealer aber auch beeindruckender Ort. Hier hüpft jedes Fotografenherz vor Freude, es gibt unzählige Motive von Streetart, Lost Places und morbiden Charme einer Geisterstadt. Das einzige was einen nach einer weile echt auf die Nerven gehen kann, sind die unzähligen Autotuning und Motorradfreaks die mit ihren aufgemotzten Kisten durch die verlassenen Straßen donnern und das zu Lasten der noch wenigen Bewohnern die dort ausharren.
Hi Christian,
ah, spannend! Ehrlich gesagt wurde dieses Dorf offenbar vollkommen umsonst geopfert fürchte ich. Vor Jahren zeichnete sich schon ab, dass diese Kapazitäten evtl doch nicht benötigt werden. Ansonsten geht es mir wie dir. Die Kunstwerke sind verblasst, und man hat das Bedürfnis, die Schranke zur Einfahrt sollte häufiger runter geklappt werden. Aber beim nächsten Mal musst du Freitag abends kommen, und die Kneipe im Ort besuchen, die dann wieder zum Leben erwacht. Ich hoffe, das tut sie immer noch…Hast du deine Fotos schon veröffentlicht?
Ich konnte gar nicht bis zur Mühle fahren. Direkt an der Kreuzung wo das gelbe Warnschild steht, gibt es ein Kartenlesegerät und einen Poller der sich versenkt, so bald man eine Karte einführt. Wo man diese Berechtigungskarten bekommt ist mir allerdings noch ein Rätsel. Ich habe den Wagen einfach am Feldweg abgestellt und bin zu Fuß gegangen. Die Fotos werde ich auf meinem Instagram Account veröffentlichen, stay tuned.