Manchmal läuft in meinem Urlaub alles scheisse.

Ich habe ein Navi im Auto, damit ich nicht mehr nach dem Weg fragen muss oder jemanden bitten muss, das zu tun, der sich dann vehement weigert. Auch das ringen mit den meist mehrere DIN A 4 Seiten langen Routenplanerausdrucken hat sich damit zum Glück erledigt. Dass das Ding noch kein Update erfahren hat, seit ich es nutze, ist klar. Und auch klar ist, dass es nicht gerade dazu animiert, mehr nachzudenken während der Fahrt. Das Gegenteil ist der Fall.

Und so kurvte ich auf meinem 738 Kilometer langen Weg in den Urlaub nach Dänemark direkt in einen fetten Stau vor Bremen, der sich auf locker 20km hinzog. Ich verlor 3 Stunden.  Meine Nerven zum Glück nicht. Von hinten war während der gesamten Fahrt, die am Ende fast 12 Stunden statt der geplanten knapp 7 dauern sollte, nicht ein Nölen oder Meckern zu hören.

Kein „Wann sind wir endlich da?“ und nicht einmal ein „ICH MUSS PIPI!“.

Autoreise Dänemark Stau

Ich hatte den Jungs jeweils ein iPad mini zur freien Verfügung während der Fahrt nach hinten gereicht, vollbeladen mit kindgerechten Apps und einer Film-Mischung aus Ben Ten, Es war einmal das Leben, Benjamin Blümchen und Fix & Foxi. Dazu jeweils ein Rucksack mit Gesunden und weniger Gesundem. Keine Glanzleistung, das gebe ich zu. Aber bei uns hat Liedchen singen und Kühe zählen während der Fahrt noch nie funktioniert.

„Mama, kannst du bitte aufhören mit zu singen?“ 

Während wir also 3 Stunden fast standen, fragte ich mich, wohin eigentlich all diese Wohnwagen wollten? Rückreise? Anreise? Im Norden waren die Sommerferien längst vorbei. Und auch NRW ging in die letzte Woche. Gefühlt jedes 2. Auto hatte Fahrräder dabei. Oben drauf, hinten dran, zwischen Wohnwagen und Auto. Die A1 wurde zur Thule Showbühne. Der Standstreifen zum Klo. Wir staunten über kreativste Techniken um die Notdurft zu verrichten. Aber je dezenter das Pipi machen stattfinden sollte, desto auffälliger war es. Die ältere Dame, die eine rosafarbenen Decke hin und herschwenkte um ihrer Tochter Blickdichte zu verschaffen, musste selbst lachen. Uns blieb das glücklicherweise erspart.

Und so schoben wir uns in einer Megablechlawine Richtung Norden. Das Gepiepse der Apps hörte ich irgendwann nicht mehr, Eddie Vedder sei Dank.

Warum der Urlaub bei Ankunft oft scheisse ist

Der Verkehrsfunk drohte mir den nächsten 16 Kilometer langen Stau auf dem Weg in den Urlaub an – das war der Moment, in dem ich aufgab. Ich fuhr ab. „Bremen Hemelingen“. Was auch immer. Ich war bereit überall unterzukommen. Aber lieber jetzt raus als noch einmal 3h Stop and Go. Doch während ich abfuhr, was sich als eine recht lang parallel zur eigentlichen Autobahn verlaufende Straße entpuppte, sah ich, dass sich der Stau auflöste – also flott den letzten Kilometer ähem gespart, am Stau vorbei und zack, vorne wieder drauf gefahren. Spontan, sorry.

Ab diesem Zeitpunkt kamen wir sogar voran und hatten 3 Stunden später unser Ziel erreicht. Schlüssel abholen, Ferienhaus suchen, sich ewig verfahren, auf den letzten Metern die Nerven verlieren, es endlich finden, aufschliessen, vorne rein und hinten direkt wieder raus zum Strand, das Meer checken um dann todmüde ins Bett fallen zu wollen und dabei festzustellen, dass – obwohl abgesprochen – weder Bettwäsche da war noch Handtücher. Zudem fehlte irgendwie die Schlafmöglichkeit für mich! Oder erkenne ich sie nur nicht? Die Treppe im Haus ist so steil, dass du denkst, die Kinder stürzen zu Tode. Im Haus steht ein Sportbootmotor und im Gewürzschrank ist eine Spinne. Du hast keinen Plan, wie du an warmes Wasser kommst und ausgerechnet das Kaffeepulver hast du vergessen! Krise. Die Nerven liegen blank. Plan B? Alles infrage stellen. Müde. Hunger. Alles scheisse. Bier warm. Kühlschrank auch. Verdammt. Was nun?

Hast du zu wenig Zeit investiert bei der Suche nach einem Ferienhaus? Solltest du die Haupt-Kriterien Wifi und Strandnähe überdenken müssen? Erst jetzt fällt dir ein, dass du an ‚Kindersicher‘ nicht gedacht hast oder an ‚2 Schlafzimmer‘. Das erschien einfach nebensächlich. Ein Fehler?

Und dann kriegst du die Vollkrise weil du wirklich sehr, sehr müde bist und nicht weißt, wie du ohne Bettwäsche oder gar Schlafcouch hier pennen und ohne ausreichend Handtücher duschen sollst. Die Jungs sind derweil zum raufen übergegangen. Du wirfst das Plumeau des großen Bettes zurück, das für die Kinder gedacht war und denkst „Uhhh aaahhh ihhhh!“  weil da ein großer, undefinierbarer Fleck ist.

Du denkst kurz darüber nach, ob du es körperlich schaffst, direkt wieder nach Hause zu fahren. Du hast keine Lust, auch nur irgendwas auszupacken. Aber nein, du musst schlafen. Dann lieber Morgen früh zurück. Und dann breitest du einfach die gigantische Picknickdecke auf dem Bett aus, die bei jeder Bewegung raschelt, dich aber die Matratze darunter vergessen lässt. Du legst dich zu den Kindern ins Bett und deckst dich mit den Handtüchern zu, die du mitgebracht hast. Die aber nicht reichen werden um sie für Strand, Dusche UND Bett zu nutzen.

Während du dir darüber den Kopf zerbrichst, fällst du in einen tiefen Schlaf und wachst erst 10 Stunden später wieder auf. Dabei glotzt du aufs Meer. Und am Abend des nächsten Tages bringt jemand das wichtige Bettzeug und die Handtücher vorbei. Und plötzlich wirkt alles so, wie du es dir erhofft hattest! Und um ehrlich zu sein – noch viel, viel besser!

Urlaub in Dänemark

Urlaub in Dänemark

Mittlerweile weiß ich: mein Urlaub, der sich bei Ankunft so scheisse anfühlt, dass ich am liebsten direkt wieder nach Hause fahren will, wird der Beste! So auch dieser. Leider wird er Morgen vorbei sein. Wobei mir noch nicht ganz klar ist, wie all das Zeug, das sich mittlerweile im Haus ausgebreitet hat, den Weg ins Auto zurückfinden soll oder wann die beste Zeit für die Fahrt sein wird. Bisher habe ich mir vorgenommen, den Wecker zu stellen um ein großes Stück in der Nacht zu fahren. Mal sehen…

Meine Reise nach Fünen in Dänemark wurde unterstützt von Visit Dänemark.

17 Gedanke zu “Warum sich der Urlaub bei Ankunft oft erstmal scheisse anfühlt”
  1. Hallo Heike,

    toll geschrieben und es gibt sogar ein Happyend, was will man mehr.
    Lustig das du deine Kinder auch mit „es war einmal das Leben“ fütterst…

    Lieben Gruß und gute Heimreise
    Chris

  2. Ach liebe Heike Du hast ja so recht … aber es scheint ein toller Urlaub geworden zu sein, nach all Deinen Fotos. Ich wünsche Dir und den Jungs eine gute Heimreise … und auch Schoki darf dabei ab und zu mal sein 🙂
    LG sendet Dir Dani

  3. Tolle Geschichte, ich habe richtig mitgelitten! Dabei vermute ich, dass es in D-land ganz bestimmt verboten ist, Häuser mit solchen Treppen zu vermieten. Auf die Idee, sowas in einem Ferienhaus vorzufinden, muss mal erst einmal kommen. Kommt gut zurück nach Kölle und lasst die Staus aus. – LG nata

  4. Tja, oft ist die Müdigkeit oder der Stress ein großer Faktor, wie der erste Eindruck am Urlaubsort ausfällt. Wie man bei Deinem Beispiel gut sieht, ist dieser zum Glück nicht match-entscheidend. Mir ging es neulich in Vancouver ähnlich und die Reise wurde zum Schluss ein großer Erfolg.
    Liebe Grüße

  5. Cooler Bootsmotor! Du wirst es nicht glauben, aber ich hab fast genau den gleichen im Keller liegen. Mercury Four Stroke 5PS Langschaft. 😉

    Übrigens Respekt, dass du bei diesem Stau nicht die Nerven verloren hast. Ich bin gestern und vorgestern auch ~600km unterwegs gewesen und bin nach einer Stunde Stau abgefahren, auf der anderen Seite der BAB wieder drauf, zurück zum letzten Autobahnkreuz und dann großräumig um den Stau drumrum navigiert. Unterm Strich hatte ich fast zwei Stunden verloren, und das hat mich doch ziemlich gewurmt. Stau ist einfach nichts für mich.

    LG phil

    1. @Phil – Hahaha! Zwei Paddel haben die Jungs auch entdeckt… 😉 Ich hätte wohl auch den Stau umfahren wenn ich gewusst hätte, wie. Und aufgeben – das hatte ich gerade vor als er sich auflöste. Beim Rückweg hatte ich mehr Glück…

  6. Ich wußte doch, wenn ich mir den Beitrag auf Wiedervorlage lege vergesse ich ihn, daher etwas verspätet doch noch ein Kommentar. Zwar ging unsere Reise viele Jahre an die deutsche Ostsee, aber ein Teil der Strecke (insbesondere die A1) ist ja die selbe.

    Wie habe ich es verflucht, früh morgens aufzustehen, schließlich hatte man ja Urlaub und wie habe ich mich gefreut, wenn ich bereits um oder hinter Hamburg war, wenn wieder mal Staus im Radio verkündet wurden. Klar habe auch wir mal Staus erlebt (warum mußte z.B. damals genau an einem Ferienbeginnsonntag eine Autobahnbrücke abgerissen werden), aber ansonsten lief es i.d.R. eigentlich gut.

    Und die Ankunft, nicht ganz so chaotisch wie oben beschrieben, verlief auch so, daß ich mir manchmal dachte, 14 Tage hier in dieser Ferienwohnung, in der die Töpfe das letzte Mal vor Jahren gespült wurden … bis wir dann irgendwann eine vertrauensvolle Vermieterin kennengelernt haben, die im gleichen Haus (also nebenan) wohnte und wo man zumindest wußte, da kümmert sich jemand. Gut Spinnen gab’s auch, aber die gibt’s halt an der See.

    Ich freue mich schon über deinen nächsten (wie immer sehr lebendig geschriebenen) Reisebericht :-).

    LG
    Michael

    1. @Michael – Danke fürs teilen deiner Erinnerungen! 😀 Ich erinnerte mich auch schlagartig an früher als ich in den Stau fuhr. Mein Vater fuhr mit uns mitten in der Nacht los um genau DIESE Staus zu umgehen. Aber ich bin furchtbar schlecht gelaunt wenn ich weiß, dass der Wecker nachts um 2 Uhr klingelt.

  7. Das Pech, so eine Ekel-Hütte vorzufinden, hatten wir mal in Norwegen… Was waren wir froh, als die Woche rum war und das nächste Haus um Welten besser.

  8. Hey ich mag die Fotos mit den bunten Häusern … und jetzt habe ich ja ein paar Tipps, wie ich meinen Leon (jetzt 1 Jahr) „später“ bei Laune halten kann.

    Witzige Schreibe hast du …. und süßen Sohn (das Bild am Briefkasten …)

    Grüße von Elischeba

  9. Hi,

    auf der Suche nach Fußballbilder in der Unendlichkeit des http://WWW.bin ich zufällig auf Deinen Blog geraten.Und weil ich selber Blogger bin, möchte ich doch ein paar Zeilen schreiben.
    Ja,ja, die A1 rund um Bremen. Ich liebe sie; nicht erst seit Jahren, nein, seit Jahrzehnten. Einst, als ich mit dem R4 zu meinen Events nach MG ( zum alten Bökelberg und zu meinem Bruder nebst Familie ), nach “ Kölle “ ( zu Saturn, um dort für viel Knete viele LPs zu kaufen ) oder nach W ( um einen Bekannten zu besuchen und dabei ins Theater zu gehen, zur “ Zeche “ nach BO, in die D´dorf´s – Altstadt zur Kneipentour )fuhr, gab es diese “ Mega “ – Staus zwar noch nicht, aber eben jene Baustellen.
    Als Ex – “ Buten “ – Bremer kannte ich natürlich die Abfahrten, die “ Schleichwege “ und Umwege alle Male. Und das auch ohne Navi.
    Aber, Nostalgie hin, Stau her, eine prima Geschichte. Witzig geschrieben, mit einem Schuss Selbstironie. Und prima Fotos dazu. Blogger – Herz, wat willst´e mehr?
    By the Way: Der FC muss wieder aufsteigen, damit die so geliebten Nachbarn aus der “ Pillendreher “ – Stadt und dem “ Plastik “ – Verein nicht zu frech werden.

    Schöne Grüße aus DD
    J.

    http://lobster53.blogspot.de/2013/10/dann-macht-es-bumm-und-der-boris-wars.html

  10. […] Dass wir am Ende landeten, wo wir landeten, war in etwa so geplant, als hätte ich einen Pfeil auf die Landkarte geworfen, wäre ins Auto gestiegen und losgefahren. Kompletter Zufall. Aber was das für ein Glücksgriff war! Aus einer ewig lange Liste von Ferienhäusern hatte ich mich für eines in Hasmark entschieden, das im Norden der Insel Fünen liegt.  Es hatte Wi-Fi und stand so nah am Strand wie kein anderes! 5 Meter! Das waren meine wichtigsten Kriterien. Den einen oder anderen Punkt ließ ich eher aus Versehen außer acht – wie Kindersicherheit, Größe, Betten und so. Aber im Nachhinein war das kein Problem. Zumindest keines mehr, als ich mir eine ordentliche Mütze Schlaf abgeholt hatte. […]

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