Wann zuletzt – und ob überhaupt jemals – ich über einen Artikel von Stefan Niggemeier richtig gelacht habe, ich kann es nicht sagen. Aber heute war es der Fall. Und der Artikel ist nicht nur groß weil es um Köln geht, nein nein. Aber auch natürlich. Bitte lest kurz Niggemeiers Kaninchenverschwörung von Köln und kommt dann schnell zurück.
Ich hatte weder mitbekommen, dass Niggemeier offenbar kurzzeitig in Köln wohnt, noch, dass es in meiner Stadt eine ausgewachsene Kaninchenplage gibt! Wer die Innenstadt kaum sieht, weiß auch nicht, was abgeht. Aber wenn ich nachts durch die Stadt nach Hause fahre, stürzen sich regelmäßig eine Hand voll von ihnen vor mein Auto um mit mir russisch Roulette zu spielen. Erwischt habe ich, glaube ich, noch keins.
Ich möchte aber diesen dankbaren Aufhänger nutzen um endlich meine ganz eigene Geschichte rund um Kölner Kaninchen an den Mann zu bringen. Auch wenn sie auf den ersten Blick eigentlich NICHTS damit zu tun. Auf den zweiten vielleicht schon.
Als ich Niggemeiers Überschrift las, glaubte ich, er hätte Kölns berühmteste Hauswand entdeckt. Diese hier:
Wer Kölns berühmteste Hauswand noch nicht kennt: sie steht in Ehrenfeld. Und war – wie sich jeder denken kann – ein echter Zankapfel im Veedel, der hier alle auf Trab hielt. Nicht jeder kann sich mit einem enthäuteten Kaninchen in Dinosauriergröße anfreunden. Auch dann nicht, wenn dieses perfekt gearbeitete, enthäutete Kaninchen vom in der Steetart Szene weltberühmten Künstler ROA stammt.
„Wie soll ich das meinen Kindern erklären?“
„Jedoch ist das kranke Machwerk eines sadistischen Irren, jeden Tag zich mal und die nächsten Jahrzehnte lang sehen zu müssen, unerträglich für mich und meine Lebenspartnerin.“
„Wollen die uns und unsere Kinder eigentlich aus dem Viertel vertreiben oder was soll das?“
„Es gibt in Ehrenfeld schon genug Probleme und jedes 2. Haus ist bereits von oben bis unten mit „Graffitis“ zugeschmiert.“
„Bravo, der Kuenstler hat sein Ziel erreicht. Er bekommt ein Blog beim Ksta geschrieben.“
Schmunzeln musste ich beim letzten Kommentar…ROA war damals schon berühmt.
Einige Bewohner waren so wütend über dieses Kunstwerk, dass eines Tages Bürgermeisterin Elfi Scho Antwerpes beim Hausbesitzer vor der Tür stand, klingelte und versuchte zu vermitteln. Das alles änderte nichts. Das Kaninchen blieb. Und der Coolness Faktor stieg mit der Zeit.
Denn was Köln mal wieder nicht zu schätzen weiß, ist: Leute, wir haben einen echten ROA in der Stadt! Eigentlich 2 sogar. Dazu später mehr.
Nach meinem London Aufenthalt, bei dem mir Autor Gerhard Elfers ROA näherbrachte, der zufällig genau zu der Zeit nicht weit entfernt an einer Wand arbeitete und eine Ausstellung in der Brick Lane hatte, wollte ich unbedingt mehr über die Geschichte hinter dem Kunstwerk erfahren. Ok, und ich wollte unbedingt noch ein Foto vom Kaninchen schiessen, was mir aber von der Straße aus nicht gelang. So klingelte ich an besagtem Haus, Besitzer Paul ließ mich ein, und nur wenige Sekunden später sah ich mich eine Leiter hochsteigen und ausgerechnet auf das Dach einer freien Christengemeinde klettern.
Von hier oben war die Sicht deutlich besser.
Paul und ich waren sofort auf einer Wellenlänge und ich nahm das Angebot gern an, noch kurz einen Kaffee zu trinken. Währenddessen erzählte er mir, wie der 5 Meter große Hase überhaupt auf seine Wand kam.
Die Organisatoren des City Leaks Festival hatten 20 Hauswände in Köln gesucht, um sie Künstlern für ihre Kunstwerke zur Verfügung zu stellen. Paul war einer der Hausbesitzer, die offen für diese Aktion waren und zusagten. Doch welcher Künstler welche Wand gestaltete, DAS wussten sie nicht. Und dass es nicht einfach ist, eine riesige Hauswand zu gestalten, ist sowieso klar. Abends traf bei Paul ein Fax ein, mit einer Zeichnung des Kunstwerkes, morgens darauf rückte der Künstler an und legte los. Als klar war, was ROA vorhatte auf seine Wand zu sprayen, kriegte Paul kurz Muffensausen, denn seine Frau war nicht da und es war keine Zeit, das Werk von ihr absegnen zu lassen.
In den darauffolgenden Stunden ging es für Paul gefühlsmäßig bergauf und bergab. ROA sah die Wand kurz an – übrigens genau von der Stelle auf dem Dach an der ich auch stand – und legte einfach los. Paul blieb entspannt, im schlimmsten Fall, so sagte er danach, überstreicht er das Kunstwerk nach dem Festival wieder. Doch aus den anfangs undurchsichtigen Sprayereien wurde binnen 1,5 Tagen ein gigantisches Kunstwerk. Eines, das Pauls Hauswand zur berühmtesten und meist fotografierten von ganz Köln machte. Und auch Pauls Frau liebt den Hasen mittlerweile. Ebenso seine Kinder.
Nach dieser Aktion wollte ich natürlich auch den zweiten ROA in Köln finden. Ich suchte eine Zeit lang, erst im Internet, dann in der Stadt, bis ich ihn fand. Leider ist er in keinem guten Zustand – und mein Foto ist schon ein Jahr alt. Leute schneiden Stücke aus dem Werk heraus, nehmen es als Erinnerung/für ebay mit und jemand hat es auch noch teilweise übersprüht.
Wer den belgischen Künstler ROA noch nicht kennt, dem empfehle ich, zuerst diesen Film auf Vimeo anzusehen. Dann versteht ihr, warum sich ROA schlafenden und toten Tieren widmet. Unter dem Hashtag #ROA findet ihr in allen Netzwerken seine Graffitis. Am besten natürlich hier: #ROA auf Instagram.
Passend dazu: http://whenyouliveincologne.tumblr.com/post/52944665205/what-you-expect-when-you-hear-that-there-is-a 😀
Ich mag ja die Kölner Kaninchen. Sowohl im Grüngürtel (oder sonst überall) – die erinnern mich an die Mainzer Uni, dort gab es sie auch – als auch das ROA Karnickel auf meinem Weg ins Büro. Wurde natürlich bei uns auch schon kontrovers diskutiert. Schickes Artwork, aber wer damit nicht kann und jeden Tag aus seinem Fenster draufschaut – schwierig. Aber für mich das Highlight von CityLeaks.
Damn! Und ich war doch neulich erst in Ehrenfeld und habe diese Wand nicht fotografiert. So ein Mist. Da werde ich wohl nochmals nach Köln fahren müssen.
Ich musste übrigens auch sehr bei dem Kaninchen-Artikel schmunzeln. Als ich beim letzten Reisebloggertreffen von der Zoobrücke in die Stadt fuhr, grinse mich auch ein Meister Lampe an, der direkt neben der Straße saß. Damals dachte ich noch, was ich für ein Glück habe, mitten in der Stadt einen Hasen zu sehen.
Konnte ja keiner ahnen, dass ihr dort oben mehr als genug von denen habt.
LG Phil
@Phil – Jahahaha das solltest du! Die Wand ist ‚in Echt‘ noch viel imposanter. (Und wer hat schon einen ROA? Ok, ausser den Berlinern vielleicht.) Aber hast du gesehen? Ich habe bei der nächsten Hashtag Hunt auch an dich gedacht! 😀
Ich bin gebürtige Kölnerin und immer wieder sehr sehr gern in meiner Heimat. Aber das Bild mag ich nicht so – ich liebe Kaninchen 🙁 und nicht auf dem Teller 🙂 sondern zum Kuscheln 🙂
[…] tolle Instagrams abliefert und beeindruckende Reiseberichte mit und ohne Kinder schreibt (Köln-Format), um schließlich durch die Knings (kölsch für Kaninchen) eben wieder bei solchen zu […]