„Mama, warum fahren wir immer im Kreis?“
„Weil es Spaß macht!“
„Mir aber nicht!“
Mist.
Zwei Wochen lang habe ich erlebt, wie es ist, Spaß hinterm Steuer zu haben. Und ein Mercedesfahrer zu sein. Ja, Mercedes. Beim Namen ‚Mercedes Benz‘ dachte ich auch lange Zeit nur an die furchtbar altbackene A-Klasse, die vor zig Jahren mal in Schweden umgekippt war. Ich habe noch ein Trauma davon weil mein erster Job beim Fernsehen damals darin bestand, auf die Straße zu gehen und Leute vor der TV-Kamera Witze zum Thema Elchtest erzählen zu lassen. Leider hatte sich die Materie zu der Zeit noch nicht bis Köln rumgesprochen und überhaupt niemand hatte einen Plan, wovon ich überhaupt faselte.
Dass Mercedes Benz an sich aber überhaupt nicht altbacken ist, erfuhr ich bei Testfahrten mit der neuen A-Klasse in Slowenien, dem CLS Shooting Brake in der Toskana und dem CLA in St. Tropez, beim Fahrsicherheitstraining in Groß Dölln sowie dem Roadtrip in den USA.
Ich fragte meinen ersten Testwagen an. Nicht irgendeinen. Sondern einen feuerroten GLK mit 170 PS und 4Matic, in den ich mich auf den ersten Blick verguckt hatte und von dem ich glaubte, er würde eine 4köpfige Familie samt Gepäck locker durch einen knapp zweiwöchigen Roadtrip bringen. Ich wollte wissen, ob der GLK ein Wagen ist, der nicht nur in der Stadt gut aussieht, sondern auch vollbeladen.
An einem Freitag vormittag klingelte es dann an meiner Tür. Vor mir stand ein junger Überführungsfahrer. Der GLK leuchtete und blinkte in meiner Einfahrt.
„Und? Was haben Sie so vor mit dem Wagen?“ wir stehen etwas unbeholfen in meinem Flur rum.
„Ich mache einen Roadtrip durch Frankreich.“
„Jaja, es fahren ja viele mit den Wagen in den Urlaub.“
Hmpf. Ich quasselte was von „abgesprochen“ und „das geht in Ordnung“ und so.
„Kaffee?“ meine Manieren erreichten ihren Höhepunkt.
„Nein danke.“
„Soll ich dich zur Bahn fahren?“
„Nein danke.“ Und weg war er.
Zurück blieben der GLK und ich. Das Feuerwehrauto, wie die Jungs sagen.
Kaum ist der junge Überführungsfahrer fort, ziehe ich die Tür hinter mir zu und steige in den Wagen. Ahhh. Erhöhte Sitzposition. Ungewohnt. Aber…woah. Geil. Ich stecke den Zündschlüssel ein, ignoriere ALLE Features, Knöpfe, Hebel, Tasten und Bildschirme und fahre einfach drauf los. Meine erste Amtshandlung führt mich auf ein Feld.
Autofahren ist für mich mehr als von A nach B kommen. Der Weg ist das Ziel und so. Ich könnte stundenlang durch die Weltgeschichte cruisen – wenn ich mit dem richtigen Auto unterwegs bin und Zeit, Raum, Kohle und Kinder das erlauben. In meinem eigenen Auto ist das Fahren an sich kein Erlebnis, sondern ein Zustand.
In den darauffolgenden 2 Wochen sollte ich natürlich ausreichend Gelegenheit haben, mich mit all den Features auseinander zu setzen und das habe ich auch – für meine Verhältnisse – genutzt. Ich bin aber kein Testfahrer sondern ein Wagen-Erleber. Und ich erlebte den GLK auf den über 4000 Kilometern, die wir bzw. ich mit ihm zurücklegte(n) als zuverlässigen, abenteuerlustigen und extrem spaßbereiten Partner!
Unser Trip in die Bretagne war schon ab Belgien fast komplett geschwindigkeitsbegrenzt. 130 gingen höchstens. Eine Aufgabe für den Tempomaten. Aber das reichte mir nicht. Ich verschwand mit dem GLK noch ins Elsass, fuhr auf dem Rückweg möglichst viel über deutsche Autobahnen um zu sehen, wie wir zurecht kommen, wenn wir Gas geben. Selbst nach den über 4000 gefahrenen Kilometern, die komplett ich hinter dem Steuer sass, erwischte ich mich noch dabei, ständig Umwege zu fahren oder zum ersten Mal die Brötchen mit dem Auto zu holen. Ich fuhr tanken an Abenden, an denen andere ‚Zigaretten holen‘.
Ein freundlicher Überführungsfahrer hat meinen ‚meinen‘ GLK heute abgeholt und in die Homebase nach Stuttgart zurückgefahren. Natürlich hatte ich ihn noch gestriegelt und gewienert damit er schön glänzt. Offenbar aber vor lauter Euphorie eine klitzekleine Kleinigkeit vergessen: das Tanken! Das fiel mir aber erst auf als ich die Abschlussemail erhielt, in der unter anderem stand:
„Tank bei Übergabe 3/8 voll.“
Ahhhhh. WTF! Verdammt, Heike. Wie assi.
Das jedenfalls – und die Tatsache, dass ich wie immer einen kleinen Schock erlitt als ich wieder im eigenen Fahrzeug sass und ihn bei erster Gelegenheit abwürgte, vergass zu schalten und die Handbremse anzuziehen, verleitete mich, heute meine 16 Testwagengebote aufzustellen.
1. „Ist das deiner?!“ wird dich niemand mehr fragen. Gewöhne dich dran.
2. Lasse die Kinder nicht unbeaufsichtigt im Fahrzeug sitzen.
3. Wenn du checken willst, ob der Wagen wirklich abgeschlossen ist, denke kurz darüber nach, ob er eventuell mit Keyless Go ausgestattet ist bevor du komplett an dir zweifelst. Orr.
4. Lies die Bedienungsanleitung damit du nicht aus Versehen in die manuelle Schaltung gelangst und keinen Plan hast, was abgeht.
5. Lass dich von streitenden Kindern während der Fahrt nicht ablenken. Sonst wirst du noch geblitzt.
6. Wenn du den Wagen beim geilsten Sonnenuntergang ever unbedingt auf einem Feldweg fotografieren musst, fahre ihn DANACH in die Waschstraße, nicht DAVOR.
7. Fahre nicht zu oft hintereinander durch denselben Kreisverkehr. Es macht nicht allen so viel Spaß wie dir.
8. Parke nicht wie Gott in Frankreich. Ein Parkplatz reicht anderen Autos auch auch wenn die dramatisch viel kleiner sind.
9. Solltest du im Ausland unterwegs sein, erkläre den Stuttgartern, die dich auf deiner Reise ansprechen, freundlich, dass du nur zufälligerweise einen Wagen aus ihrer Heimat fährst.
10. Bring den Wagen heil wieder nach Hause.
11. Wenn Punkt 10 nicht funktioniert aber du keine Schuld daran trägst, sage dir mantramässig „Es ist ein Lackschaden. Es ist nur ein Lackschaden. Es ist nur…“
12. Wenn du in der Nacht vor der Rückgabe unbedingt noch eine Autobahn-Abschiedsfahrt fahren musst, dann vergiss das Tanken danach nicht!
13. Den Herrn aus der Waschstraße kennst du jetzt mit Vornamen. Denke daran, wenn du demnächst mit deinem eigenen Wagen durchfährst.
14. Liebe deinen eigenen Wagen dennoch.
15. Erinnere dich daran, wie du ihn zuvor richtig geschaltet hattest und vergiss nicht, die Handbremse anzuziehen, wenn es die Umgebung erfordert.
16. Kauf neue CDs um die liebgewonnenen Spotify Playlists zu ersetzen.
Ich sehe eine Gopro! kommt noch ein kleiner Roadmovie? 🙂
@Sarah – Ich habe erst danach gefilmt. Aus Frankreich wird es nichts geben, aber vielleicht demnächst. Ich muss erst mal die 1er GoPro ersetzen und upgraden, die eine Handling-Katastrophe ist. Was man bei ihr am Ende einstellt ist reine Glückssache. Katastrophe.
Punnkt 7 gefällt mir sehr gut…
Und weisst du was komisch ist, 70 % der Regeln gelten auch für Mietwagen.
Ich finde es immer zum schreien wenn ich nach Thüringen komme und schon wieder ein anderes Auto habe. Wie… schon wieder ein neues Auto ? … Aber ich hoffe nach knapp 10 Jahren haben es Alle verstanden, das das nicht mein eigenes ist.. (oder denken, das ich seeehr reich sein muss)
Danke für diese tollen Bilder und deine Gebote!
@Janett – Ja stimmt. Anwendbar natürlich auch für neue Mietwagen. Wobei die natürlich meist nicht mit so vielen Festures ausgestattet sind oder so groß sind, dass man beim Parken Respekt hat.
Woah! Was ist das denn für eine Schalterphalanx am Türgriff der Beifahrertür auf dem Foto zwischen Gebot #2 und #3?
Wenn der Beifahrer schon an so vielen Hebeln drehen kann, dann will ich ja gar nicht wissen, was der Fahrer alles verstellen kann:
– Den Luftdruck aller vier Reifen separat bei sandigen Pisten absenken?
– Die Intervalle der Blinker nachjustieren?
– Den „Hergott-ZFix-Schnall-dich-an!“-Warnton um je eine halbe Oktave nach oben stimmen? 😀
Ansonsten schöne Fotos (besonders das vom Omaha-Beach)!
Beim Bild von der GoPro habe ich mir übrigens auch gleich Hoffnungen gemacht ^^
@Phil – Schalterphalanx. Hehe. Ja, in der Tat sehr luxuriös. Die Sitzverstellung lässt sich bis zur Kopfstütze regeln. Zudem gibt es Speicherplätze für zwei Personen. Sehr geil auch die Lenkradverstellung, nachdem ich sie entdeckt hatte. Sehr easy während der Fahrt elektronisch verstellbar. Die GoPro wird beim nächsten Mal eingesetzt, wenn ich das neue Modell habe. Das alte hätt ich am liebsten am Omaha Beach im Meer versenkt. 🙂
Hehe, I like Punkt 9 🙂