Twitter und Instagram liefern sich offenbar gerade einen Kleinkrieg. „Du hast mir meinen Lolli geklaut also klaue ich dir jetzt deinen! Böh!“ Die User sind in diesem Fall ganz klar als ‚der Lolli‘ zu betrachten, der zwischen den beiden Kindern Internetgiganten hin und her gereicht wird. Zum Teil fühlt man sich da verständlicherweise ein klein wenig angesabbert verarscht.

‚Wired‘ kleidet es eigentlich ganz schön in Worte:

„In short, Twitter started this fight, and in relation Instagram brought out the big guns.“ 

Heisst: „Kurz zusammengefasst, Twitter hat den Kampf begonnen und Instagram hat im Verhältnis dazu die großen Waffen rausgeholt.“

Was ist passiert?

Instagram hat die Verbindung zur Bildervorschau auf Twitter gekappt und hat den sogenannten Twitter Cards das Aus erteilt. Wer auf einen geteilten Instagram Link klickt, wird nun mehr auf den Webviewer von Instagram selbst geleitet. User können daher beide Dienste nicht mehr so nutzen wie zuvor. Bisher konnten wir die auf Twitter geteilten Instagrams, sogenannte Twitter Cards, bequem öffnen und vor allem komplett betrachten. Die Instagrams sollen aber weiter aus der App heraus getwittert werden können. Für die mobile Nutzung via iPhone oder iPad heisst das: die Instagrams sind nur beschnitten zu sehen! Das wird zu Frust führen auf beiden Seiten, auf Seiten der Instagramer und Twitterer.

Dem vorausgegangen war, dass Twitter die Verbindung zu Instagram kappte, also die API entzog und es so unmöglich machte, bei Instagram automatisch die neuen User unter den Twitter Followern ausfindig zu machen. Wie du mir so ich dir, oder wie? Das beide Punkte miteinander zu tun haben scheint logisch und stellt Instagram gerade als beleidigte Leberwurst hin.

 

@Kevin, der Gründer von Instagram Kevin Systrom, verkündete gestern auf der großen Internetkonferenez Le Web in Paris:

„We are currently working on building the best experience for Instagram users. A handful of months ago, we supported Twitter cards because we had a minimal web presence. We’ve since launched several improvements to our website that allow users to directly engage with Instagram content through likes, comments, hashtags and now we believe the best experience is for us to link back to where the content lives. We will continue to evaluate how to improve the experience with Twitter and Instagram photos. As has been the case, Instagram users will continue to be able to share to Twitter as they originally did before the Twitter Cards implementation.“

Heisst übersetzt::

„Wir arbeiten daran, unseren Usern die bestmögliche Instagram Erlebnis zu ermöglichen. Vor ein paar Monaten haben wir die Twitter Cards unterstützt weil wir nur eine minimale Webpräsenz hatten. Seither haben wir die Website kontinuierlich weiterentwickelt so dass es möglich ist, dort mit den Usern zu kommunizieren, Bilder zu liken, zu kommentieren, Hashtags zu nutzen. Und wir glauben, es ist jetzt am besten, dorthin zu verlinken wo der Content herkommt. Wir werden weiter versuchen rauszufinden, wie wir am besten die Instagram Fotos auf Twitter einbinden. Instagramer werden aber weiter in der Lage sein, ihre Fotos auf Twitter zu teilen.“

Das Foto von @Kevin hat übrigens der großartige Teymur von Icedsoul Photography geschossen – der alle Speaker von ‚Le Web‘ in Paris  ablichtete, unter anderem auch mit der coolen Fuji Instax. Und hätte ich gewusst, dass er auch ihn treffen wird, ich hätte ihm eine Liste von Wünschen Fragen mitgegeben…

Es geht Instagram also um Clicks und darum, den eigenen Content ‚bei sich‘ zu behalten. Jedes Foto, das nun getwittert wird, führt die Besucher auf die Instagram-eigene Page. Warum auch andere Portale beliefern? Was @Kevin dabei scheissegal ist, ist: der Content wird NICHT etwa von Instagram produziert, sondern von MIR und ca. 100 Millionen anderen Instagramern! Und wenn ich mein Bild twittern will, dann will ich mein Bild twittern! Und dabei soll es verdammt nochmal dabei genauso gut aussehen wie es das gestern noch tat und es soll auch genauso leicht abrufbar sein wie zuvor!

Nun hat es da überhaupt keinen Sinn, sich darüber groß aufzuregen. Sinnvoller scheint es mir, sich mit der neuen Situation anzufreunden uns das Beste daraus zu machen.

Was bedeutet das?

Fotos, die wir Instagramer aus der App heraus per Twitter teilen, sind mobil also nur noch gecroppt zu sehen sein. Die Twitterer sollen so gezwungen sein, auf den Instagram Webviewer zu klicken oder die Fotos über ihren Account anzusehen.

Das Instagram-Erlebnis, wie Kevin Systron es nennt, ist bei Twitter also nicht mehr das gleiche. Ich fürchte, alle werden vom zusätzlichen Klick genervt sein.

 

Was bedeutet das für mich als Reisebloggerin?

Bisher sprechen wir ja von einem wenn dann und wäre. Aber wenn es soweit ist, dann werde ich überlegen müssen ob es noch der richtige Weg ist, meine Twitter Follower mit gecroppten Fotos zu nerven. Denn – wie auch immer die genau aussehen werden – meine Follower haben einfach ‚mehr Aufwand‘ damit. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass sich sonderlich viele Leute die Mühe machen, die Fotos über den Webviewer anzuschauen oder in die App zu gehen.

Wenn ich auf einer Reise bin, dokumentiere ich live was ich erlebe, sofern es das Wlan zulässt, und lade regelmässig Instagrams in mein Feed. Und teile sie auch bei Twitter. Das ist nur ein Klick. Also super easy und praktisch. Dort erreiche ich auch die Follower, die keinen Instagram Account (warum eigentlich nicht???) haben. Wenn ich das nicht mehr so machen kann, fehlt mir also die Möglichkeit, auf die schnelle Follower zu erreichen, die keinen Instagram Account haben, dennoch aber den Trip mitverfolgen möchten.

Instagram – und ich auch – hätte natürlich gerne, dass dann genau diejenigen schnell einen Account bei Instagram einrichten. Was aber nur bedingt funktionieren wird. Ich werde meine Gewohnheiten wohl anpassen müssen.

Was bedeutet das für die anderen Webviewer?

Im schlimmsten Fall das baldige Aus. Meiner Meinung nach hängt das Schicksal der diversen Webviewer wie Statigram, Copygram und wie sie nicht alle heissen am seidenen Faden. Wenn Instagram die API kappt, wars das. Und ich kann mir vorstellen, dass heute ein eisiges Raunen durch die Räume der Startups zischte. Denn wenn Instagram Twitter die Möglichkeit entzieht, Instagrams komfortabel betrachten zu können, warum sollte Instagram es dann dulden, dass Millionen User auf direkten Viewer-Konkurrenten „IHREN“ Content anschauen? Es ginge doch theoretsich auch nur auf dem eigenen Portal?

Um das einmal weiter zu spinnen…wenn Instagram dann auch noch anfängt Leinwände produzieren zu lassen oder Bilder zu drucken…

Das, lieber Kevin, wäre ein weiterer gefährlicher Schritt, der das Instagram Erlebnis (abgesehen von allen anderen Punkten natürlich) deutlich beeinträchtigen wird. Ich kann nicht einschätzen, wie realistisch das ist. Aber es macht mir wieder deutlich, wie gefährlich es ist, seine Zukunft komplett auf solchen Netzwerken aufzubauen und somit in fremde Hände zu legen.

Was ich aber einschätzen kann, ist, dass der Instagram-eigene Webviewer total scheisse ist und aussieht wie eine Facebookkopie. Daher verlinke ihn nur ungern. Nämlich dann wenn ich glaube, ein paar neue Follower bekommen zu können, denn das ‚Folgen‘ ist über instagram.com deutlich leichter. Meist linke ich aber zu copygram, die meiner Meinung nach mit Abstand das beste Design haben.

 

6 Gedanke zu “Zickenkrieg der Netzgiganten – Aus Sicht einer Instagram Heavyuserin”
  1. Sorry, aber man sollte auch die gesamte Geschichte betrachten: Twitter gängelt Entwickler und andere Dienste seit Monaten mit immer neuen Limitierungen oder verbietet Funktionen einfach komplett. Gleichzeitig wollen sie schon sehr bald ebenfalls Filter für hochgeladene Fotos anbieten und positionieren sich damit ganz klar in Konkurrenz zu Instagram. Da würde ich mir als CEO auch überlegen, ob und wie ich ein solches Verhalten unterstützen will, oder ich nicht doch lieber meinen eigenen Dienst pushen will.

    Abgesehen davon macht Instagram überhaupt keine Anstalten, irgendetwas an ihrer API zu ändern. Müssen sie auch nicht, schließlich haben sie mit Facebook einen Besitzer im Rücken, der sie ohne weiteres finanzieren kann, während Twitter mit ihrem merkwürdigen Verhalten versucht, irgendwie rentabel zu werden. Und deren Web“applikation“ ist tatsächlich ein totaler Krampf. Das was du beschreibst ist bestenfalls Paranoia.

    Wenn du also schreibst, wie gefährlich es ist, seine Zukunft komplett auf solche Netzwerke aufzubauen, dann solltest du dich mal fragen, _welches_ Netzwerk du meinst.

  2. Zusätzlich zu dem was Christoph sagt: Am Ende wird es sowohl Instagram als auch Twitter völlig egal sein, was wir (als „Power-User“) davon halten. Der tumben Masse an Nutzern ist es nämlich egal.

    Inzwischen verwenden unter meinen Instagram-Followern viele Menschen den Dienst, die bei dem Begriff „twitter“ angeekelt den Kopf schütteln und sowas wie „Nerdkram!“ vor sich hin murmeln.

  3. Ein sehr spannender Post, der nur noch mehr Fragezeichen in meinem Kopf hinterlässt. Ich konnte mich nie mit NOCH EINEM Dienst, den ich füttern und pflegen muss, anfreunden und bin daher immer bei Twitter geblieben. Ein kleines Programm, dass meine Bilder quadratisch macht und Filter hat, gibt’s auch an anderer Stelle. Durch die ganzen tollen Instagramm-Actionen (auch bei dir :D), habe ich mich mal angemeldet aber noch immer kein einziges Bild hochgeladen.
    Irgendwie ist es jetzt noch uninteressanter, wenn die Einbindung zu Twitter nicht mehr einwandfrei funktioniert. :-/ (Und ich hab mich immer gewundert warum manche Bilder bei Twitter angezeigt werden und warum ich manche nicht sehen kann.)
    Da werde ich wohl warten auf das was da kommt…

    Liebe Grüße
    Christina

  4. Kann das leider immer noch nicht fassen… Habe noch vorgestern meinen Twitter Account überprüft und konnte alle meine Instagram Bilder sehen, ohne auf den Link klicken zu müssen. Ab heute ist das wohl nicht mehr möglich. Obwohl ich mich eher auf die Seite von Instagram schlagen würde, kann ich der Argumentation des Autors problemlos folgen. Am Ende des Tages, ist es unsere Entscheidung wo wir unsere Bilder teilen wollen. Das was gerade abgeht trifft ausschließlich die User und hätte eleganter gelöst werden können.

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