Aalsmeer ist ein kleines Dorf in Nordholland. Mit hübschen Häuschen und viel Wasser drum herum. Knapp 30.000 Einwohner leben hier. Noch. Man trifft sich zum Quadfahren, reiten, segeln oder angeln. Idylle pur. WENN da nicht die vielen Flugzeuge wären, die im minutentakt direkt hinter dem Ort starten und landen. Denn Aalsmeer liegt südlich des riesigen Flughafens von Amsterdam Schiphol. Stand ich auf der kleinen Straße vor dem Hotel, konnte ich den freundlichen Flugotsen zuwinken. Ich sollte und wollte von dort aus die Region erkunden um als Blogger für die richtig gute Aktion ‚Holland aus erster Hand‘ für das niederländische Büro für Tourism und Convention darüber zu berichten. Wie ihr vielleicht auf Instagram oder Twitter mitbekommen habt, hielt sich – nach meinem ersten Ausflug nach Haarlem – meine Begeisterung allerdings ein wenig in Grenzen. Natürlich hatte das auch mit dem Dauerregen zu tun. Aber Freunde sind Aalsmeer und ich nicht geworden. Ich zeige euch hier also das, was wir unternommen haben und empfehlen können.
Googelt man Aalsmeer findet man vorwiegend Einträge und Fotos über Blumen. Denn im Ort hat Flora Holland eine Niederlassung – das ist die größte Blumenversteigerung der Welt. Und das fasst es auch ziemlich gut zusammen. Es gibt zwar einen See, einen Nationalpark und ein Freilichtmuseum – aber wenn es regnet, ist man aufgeschmissen.
Ich hatte Pech mit dem Wetter und es schüttete die ganze Zeit wie aus Kübeln. Zusätzlich lag mein Hotel am Arsch der Welt vom Nichts. In einer kleinen Straße hinter Schiphol. Fahrtzeit zum Terminal 10 Minuten. In einer Siedlung, in der jedes dritte Haus zum Verkauf steht. Die Häuser waren niedlich. Keine Frage. Aber das wars so ziemlich auch. Nicht so niedlich war der permanente Lärm. Im Minutentakt donnerten die Flugzeuge knapp über unser Hotel – bis abends gegen 23 Uhr.
Unser Hotel Chariot lag kurz hinter der Startbahn. Kein Problem wenn man die Abende in irgendeiner Kneipe abhängen kann, wenn man aber mit Kindern zeitig auf dem Zimmer ist und die stundenlang deswegen nicht einschlafen können, geht es einem schnell tierisch auf den Zeiger.
Überhaupt hätte ich nie gedacht, dass ich das mal sage: aber ich bin froh wenn ich in nächster Zeit kein Flugzeug (von unten) mehr sehen muss.
Wer vier Tage in der Nachbarschaft von Schiphol verbringt, hat irgendwann einen Flugzeugoverkill. Die Dinger sind überall. Rund um Aalsmeer gibt es Start und Landebahnen. Ich habe mich permanent verfahren, weil wieder eine Maschine wenige Meter über uns flog und ich hinterher starrte und die Kinder brüllten „Links!“ „Rechts!“ „Da!“.
Definitiv gibt es in der Ecke dutzende richtig gute Planespotting Plätze. Und auch die Besucherterrasse von Schiphol könnte interessant sein.
Übersicht
Das Hotel Chariot
Zu unserer Unterkunft, dem Hotel Chariot, möchte ich etwas loswerden. Es liegt wirklich am Arsch der Welt. Ohne Auto/Mietwagen/Taxi macht es wenig Sinn dort zu übernachten. Meiner Meinung nach macht das überhaupt nur dann Sinn, wenn man vom Flughafen kommt oder früh zum Flughafen will. Also wirklich nur eine schnelle Übernachtungsmöglichkeit sucht.
Das Hotel Chariot ist ein 4 Sterne Hotel, dem ich allerdings keine 4 verliehen hätte. Wir übernachteten in einem Standard de Luxe Zimmer mit Blick auf die Beachvolleyballhalle ‚The Beach‘.
Wenn also das Wetter schöner sein sollte, wird direkt vor dem Zimmer bis in die Nacht Beachvolleyball gespielt, gefeiert und getrunken. Das lenkt immerhin vom Fluglärm ab. Damit niemand ins Zimmer sehen kann, sind die Scheiben abgeklebt. Dadurch kann ich aber auch nicht mehr rausschauen. Das stört mich.
Wir schliefen in einem Doppelbett und einer ausklappbaren Couch, die furchtbar quietschte sobald der Große sich rumdrehte. Es gab eine Minibar, einen Fernseher, einen Schreibtisch und einen einfachen Schrank. Das Bad war extrem zweckmässig – der Duschkopf rutschte ständig die Stange runter und machte entspanntes duschen unmöglich.
Was mich am Hotel Chariot massiv störte war die Kinderunfreundlichkeit bzw. Kinderignoranz. Für die Jungs gab es nicht ein freundliches Wort und auch kein Lächeln – sie wurden schlichtweg ignoriert. Beschäftigungsmaterialien wie Papier und Stift erwarte ich schon gar nicht mehr.
Rund um das Hotel ist also tote Hose. Abgesehen von ‚The Beach‘, in dem auch ein Restaurant untergebracht ist. Darin sitzt man fast im Dunklen, die labberigen Kindernudeln kosten 6 € und auch der Rest hat gesalzene Preise. Der Besitzer nutzt die Tatsache aus, dass es keine Konkurrenz in der Nähe gibt. Ich bin jedenfalls kein zweites Mal dorthin zurückgekehrt.
Leider findet sich auch im Umkreis keine Kneipe, keine Bar, kein Bäcker oder ähnliches. Es soll irgendwo einen Supermarkt geben, den ich aber nicht gefunden habe. Stattdessen sah ich mich Wasser an einer Tankstelle kaufen.
Was also tun in der Region?
Aalsmeer selbst ist wirklich ein Dorf. Ganz niedlich ist, dass so viele Häuser Zugänge zum Kanal haben und die Gärten mit einem Bootsanleger verbunden sind. Da kommt dann auch schon mal ein riesiger Tanker vorbei – und ständig gibt es kleine Schiffe zu sehen. Auf jeden Fall ein Hingucker.
Es gibt ein paar Läden im Zentrum, die aber sehr schnell abgelaufen sind. Auch hier stehen viele Häuser leer, andere sind wunderschön hergerichtet worden. Eine Bootstour auf dem See sowie einen Besuch auf dem Käsemarkt in Edam musste ich leider canceln da ich vor lauter Regen die Hand vor Augen nicht sah. Aber nach kurzer Zeit fehlte mir die Nähe zur Zivilisation und ich fuhr mich in mein geliebtes Haarlem.
In der Region lohnt es sich schon, ein wenig Zeit zu verbringen. Allerdings würde ich persönlich nicht Aalsmaar als Ausgangspunkt wählen, sondern ins sehr schöne Haarlem ausweichen, das recht nah ist.
das Muiderslot
Sehr positiv überrascht war ich von dem kleinen Ort Muiden. Ich muss zugeben, meine Erwartungen waren gedämpft als ich mich mit den Jungs auf den Weg machte um das dortige Schloss zu besichtigen. Aber wir hatten einen richtig schönen Vormittag – erst auf dem Schloss, später im Ort. Das Muiderschlos (sogar mit eigenem Account @muiderslot on Twitter) ist ein mittelalterliches Wasserschloss, sehr gut erhalten und eines der bedeutendsten Baudenkmäler der Niederlande. Oft hat es als Kulisse für Filme hergehalten. Ich habe mich gleich verliebt weil es so schön kompakt, aber dennoch imposant ist.
Ab Ostern bis Oktober kann das Muiderslot besichtigt werden. Die Kosten betragen 12 €/Erwachsenem und 7,50€/Kind ab 3 Jahre. Für die Kinder war es toll weil es ein Schloss zum Anfassen ist. Das kannte ich so bisher nicht. Es gibt Ritterrüstungen zu bestaunen, aber jeder darf auch mal versuchen eine hochzuheben um zu testen, wie schwer sie ist. Es gibt eine Armbrust mit der ‚geschossen‘ werden darf und auch eine Lanze darf angefasst werden. es gibt viele verschiedene Räume wie einen Kerker und eine enge ‚Ritter-Treppe‘ mit 88 Stufen. Von oben hat man eine schöne Sicht auf die Wassergräben und auf die Schiffe.
Das Schloss ist richtig gemütlich, die Dielen gut in Schuss und so möchte man am liebsten bleiben. Im Café des Schlosses gibt es sogar kostenloses Wifi! Irgendwann zog es uns doch raus – denn wir hatten gehört, dass ein Falkner im Schlossgarten ist. Er hatte vier Vögel bei sich und erklärte uns ein paar Dinge. Eine Flugshow gab es aber nicht.
Mein Tipp:
Parkt das Auto auf dem kleinen Parkplatz vor dem Schloss. (Gebührenpflichtig/2€ pro Stunde) und lauft nach der Besichtigung am Wasser an den schönen, alten Häusern entlang in Richtung Zentrum. Muiden ist Wassersportzentrum und so liegen dort viele riesige Yachten, aber auch kleine Kähne und Fähren.
Wenn das Wetter mitspielt lohnt sich ein Ausflug auf die Insel Pampus, 3 Kilometer vor der Küste. Hier legt die Fähre ab, die euch in 20 Minuten dort hin bringt. Früher galt Pampus als eine berüchtigte Sandbank. Viele Webseiten sind leider nur auf holländisch verfasst und so werde ich auch aus dieser nicht wirklich schlau.
Jedenfalls führt euch der kleine Weg an wunderschönen, alten Häusern vorbei, die liebevoll modernisiert wurden und wunderschön eingerichtet sind. Viele haben einen kleinen Garten hintenraus und sie sehen traumhaft aus. Allerdings stehen auch hier viele zum Verkauf – und ich habe mal auf die Maklerplakate gespinst: ich sah Preise von 599.000 €.
Ihr kommt an einer Schleuse raus samt Drehbrücke, die ich erst als solche wahrnahm als sie bedrohlich anfing zu klingeln. Mats hatte mich kurz zuvor noch gefragt, wie denn dieses Schiff da vorn durch die Brücke passen soll. Ich muss das unterbewusst ignoriert haben, denn als es klingelte und sich irgendwas bewegte sah ich mich blöde rumhüpfen ohne zu wissen wohin. Ich dachte, das Ding klappt hoch. Aber dann fuhr es zur Seite. Achja. Profi halt.
Wir setzten uns ein ein kleines Café, bestellten Eis und Kaffee und beobachteten die Leute, die Schiffe, die Brücke, Pferdekutschen und Radfahrer – bis der Spaß mit einem Wolkenbruch beendet war.
Flora Holland
Ein Handyfoto meines alten Kindergartenfreundes Patrick auf Facebook brachte mich überhaupt auf die Idee, Flora Holland einmal zu besuchen: die größte Blumenversteigerung der Welt. Ich hatte erst geglaubt, er hätte irgendeinen Sonderzutritt bekommen, aber nein – Flora Holland ist für jedermann zu besichtigen. Und zwar immer vormittags von 7 – 11 Uhr. Wer früh kommt, sieht mehr Blumen. Aber wer vorher in Ruhe frühstückt und entspannt herfährt, nimmt auch noch genügend Eindrücke mit, denke ich. Ich machte mich schon wieder verrückt, weckte die Kinder, schob sie zum Frühstück um so früh wie möglich dort zu sein.
Der Eintrittspreis liegt bei 5€/Erwachsenem und 3€/Kind ab 5 Jahre. Dafür können die Besucher einen eigens für diese Zwecke geschaffenen Steg entlanglaufen unter der Hallendecke und auch die eigentliche Auktion beobachten, die mit der großen Uhr. Und wer so wie ich immer schon wissen wollte was diese ganzen Zahlen und Infos eigentlich heißen, dem hilft vielleicht dieses Foto:
Die Besucher sehen natürlich nur einen kleinen Teil der Hallen. Aber die Abläufe beobachten zu können fand ich sehr interessant. Wer genau wissen will, wie die Pflanze vom Gartenbaubetrieb zum Bestimmungsort gelangt kann eine Führung buchen. Allein in Aalsmeer gibt es 13 Uhren in 5 Versteigerungssälen.
Dank moderner Technik können die Händler mittlerweile von zu Hause aus die Blumen ersteigern und müssen nicht unbedingt hier anwesend sein. Ein krasser Gegensatz dazu sind die alten schwarz weiß Fotos aus denen deutlich wird, mit wie viel körperlicher Arbeit der Blumenhandel früher verbunden war.
Auf meiner Suche nach schönen Restaurants wurde ich nicht richtig fündig. Und so kehrten wir abends sowohl ins Lido am Strand in Bloemendaal zurück als auch in das wunderbare Jetties in Haarlem, das ich immer noch absolut empfehlen kann und möchte. Der Große wollte dorthin zurück weil er sich erinnerte, dort einen sehr leckeren Burger gegessen zu haben!
Mein Aufenthalt in Nordholland wurde ermöglicht vom Niederländischen Büro für Tourismus & Convention. Herzlichen Dank dafür! Ansichten bleiben meine eigenen.
wieder eine schöne reportage. danke dafür. in haarlem wohnt mein schwager. da muss ich wohl mal hin, hm?
@Jens – ein Schwager in Haarlem und du hast ihn noch nicht besucht! 😉 Ja, das ist wirklich sehr hübsch. Viel Leben drum herum. Das Meer zehn Minuten entfernt.
Sehr schöner Beitrag ohne die üblichen „ooh Holland – so idyllisch“ Ausrufe. Das macht ihn einfach gut und ehrlich.
@Simone – Ich danke dir! Mir ist auch sehr wichtig, dass meine Sicht rüberkommt – auch wenn mal nicht alles so glatt lief. Danke für dein Feedback!
Let op drömpels… Meine Erinnerung an Harlem. Schade das euer Urlaub nicht so sonnenreich war, wie erwartet. Dann drück ich euch mal die Daumen, das Prag jetzt wenigstens mit vielen Sonnenstunden auf euch wartet…
[…] Surreal! Über dies und noch viele weitere Eindrücke in Aalsmeer schreibt Heike in Ihrem Reiseblog. Eine echte Ritterburg war übrigens auch dabei! 0 Kommentare Tweet Du kannst eine […]
Danke für deine Eindrücke aus Aalsmeer.
Das Schloss ist ja wohl total cool. Sofort auf die #MustSee-Liste.
Hallo Heike. Dein bericht hat mir alles in allem gannz gut gefallen.Ich habe einige jahre in Aalsmeer mit unserem Boot gelegen. Und daher möchte ich dir den rat geben wirklich einmal an einem Regenfreien Tag eine Bootstour in und um Aalsmeer herum zu unternehmen.so wirst du ein ganz anderes Bild von dieser Stadt (Dorf) bekommen. Mfg Gregor Voltz.
Wir sind auch mit der Familie in Aalsmeer gestrandet und teilen eure Erfahrung. Der Fluglärm nervt. Die Fahrerei ist allerdings noch schlimmer. Man kann nirgendwohin ohne Auto und man muss sich in einem Autobahnwirrwarr zurechtfinden. Freu mich auf zuhause.
hui. Jetzt habe ich meinen 11 Jahre alten Artikel nochmal gelesen dank deines Kommentars. Und mich direkt nochmal geärgert haha. Quasi rückblickend. Wieder. Oder immer noch. Das war so so schräg dort.