Dublin mit Kind. Eine Dose Heineken in der Hand, Lady Antebellum auf dem Ohr, das Air pfeift aus den letzten Batterieprozenten und meine Mama würde mir die Ohren lang ziehen wenn sie mich sehen könnte. Die Klamotten hinter mir versuche ich gerade vom Dauerregen auf dem Stuhl zu trocknen. Der ‚heiße Schrank‘ ist nämlich schon voll.

Dublin und ich sind noch nicht zu einem Herzen und einer Seele verschmolzen. Das richtige Gefühl für die Stadt fehlt mir bisher. Was eventuell daran liegen könnte, dass ich permanent hysterisch lauten, schubsenden, wettkämpfenden Bengeln Kindern – meinen – hinterher hechte. Im vorbeirauschen habe ich aus dem Augenwinkel gesehen, dass Dublin nicht nur verdammt viele, sondern auch verdammt schöne Bars, Restaurants und Kneipen besitzt in denen ich mir unfassbar gut vorstellen könnte zu versacken. Die Leute sitzen draußen und schlürfen Kaffee, Wein oder Guiness während meine Jungs vor ihnen in die größte Pfütze der Straße jumpen oder sich mitten auf dem Bürgersteig umarmen, umschubsen oder fallen lassen. Zum GLÜCK sind sie noch nicht in der Phase, in der sie um die Wette pinkeln werden. Meine Erziehungsmethoden erreichten gestern ihren unmittelbaren Tiefpunkt als der Große den Kopf des Kleinen in einen Dubliner Mülleimer stopfte…und sich daraufhin BEIDE scheckig lachten.

Dublin mit Kind – warum manchmal alles nicht so einfach ist

Manchmal läuft es einfach nicht richtig rund. Meine Vermutung ist, dass wir bis Morgen nicht nur Hotel- sondern auch Stadtbekannt sind. Vielleicht auch ein Grund aus dem ich heute die Stadt kurzzeitig mit ihnen verlassen habe.

Der brüderliche Wettkampf zwischen den beiden beginnt lange vor dem Frühstück. Weit bevor ich fertig bin stehen sie stramm an der Zimmertür. „Ich zieh die Karte raus!“ „Dann mach ich die Tür auf!“ „Aber ich bin als erster unten!“ Was dazu führt, dass gern mal einer von beiden zwischen Tür und Angel eingeklemmt wird. Macht ihr euch mal in Ruhe fertig unter diesem Druck! Und wehe ich bin es – dann wird die Tür aufgerissen und vier Füße rasen den Flur des 4 Sterne Hotels entlang, springen die Treppe runter und landen vor der Rezeption. Aber die Dubliner reagieren freundlich darauf mit einem „Good Morning, Boys!“

Es ist also nicht alles so easy peasy wie es auf meinen Instagrams scheint. Meine Nerven erholen sich gerade bei einem Heineken vom Tag. Überhaupt habe ich einige Vorsätze für die Tage in Dublin kurzzeitig auf Eis gelegt. Wie zum Beispiel keinen Kaffee mehr zu trinken.

Nach zwei Tagen hier habe ich mich halbwegs orientiert. Unser Brooks Hotel liegt fantastisch. (In Laufzeit zu Temple Bar gemessen 10 Minuten) Mitten im Zentrum und dennoch eher ruhig. Wer will erreicht in 3 Minuten zu Fuß einen Chanel, Hermes oder Louis Vuitton Store. Und in 5 Minuten H&M, den Disney Store oder 80 andere Geschäfte. Bars, Cafés, Restaurants – alles direkt um die Ecke. Unser Zimmer hat mit dem Blick auf einen schnöden Hinterhof eine extravagante Aussicht. Dabei mag ich doch schöne Roomviews so sehr. Mit einem Blick aus dem Fenster kann ich zwar nicht erkennen wie das Wetter ist aber ich benötige auch keinen Wecker. Diese Aufgabe erledigt der Herr von der Baustelle im Hof.

Mein Kleiderschrank hat eine ungewollte, integrierte Heizung. Sobald ich die Tür öffne strömt so viel heiße Luft da raus, dass es mir unheimlich ist. Was sehr praktisch ist – denn wir sind heute in einen fiesen Splatterregen gekommen und die Jungs haben alle Pfützen mitgenommen, die sie unterwegs finden konnten. Aber ich kann die Klamotten einfach in den Schrank legen zum trocknen. Auf die leere Minibar zum Beispiel, die nur auf Bestellung gefüllt wird. Was ungefähr so ist wie geplant spontan sein. Und beim Heineken aus der Dose endet.

Die Iren haben Humor. Sie transportieren Kinder ohne Kindersitze, vergessen eine U-Bahn zu bauen, fahren auf der falschen Straßenseite und streichen ihre Türen und Häuser in den verrücktesten Farben. Natürlich wusste ich, von dem kleinen Problem mit der U-Bahn hier. Aber sich auf Distanz fortzubewegen mit zwei kleinen Kindern ist dann doch schon eine Herausforderung. Es gibt natürlich Busse- groß und gelb -, die wohl überall hinfahren. Aber bis ich das System verstanden habe, habe ich die Stadt bereits verlassen. Taxifahren ist teuer und man endet ohnehin meist im Stau. Laufen ist also DAS Fortbewegungsmittel. Kinder motivieren, das auf lange Distanzen zu tun eine Kunst.

Als uns der Taxifahrer vom Flughafen abholte und zum Hotel fuhr, mir einige Infos zum Verkehr gab ärgerte ich mich, nicht an meinen Führerschein gedacht zu haben. Mir war plötzlich danach, ein Auto zu mieten und einfach raus zu fahren. An die Küste. Unabhängig sein. Das Meer sehen.

Und so bin ich einer jungen Dame aus dem Tourist Office absolut dankbar, die mir irgendwann den Tipp gab in Dublins einzigen Train zu steigen und in Richtung Northbound nach Howth zu fahren. Ich wollte doch auch so gern ein Stück der irischen Küste sehen! Die Stichpunkte ‚halbe Stute Fahrt‘, ‚Küste‘, ‚Robben‘, ‚Hafen‘, ‚Fischerdorf‘ reichten völlig aus um das zu meinem Plan für heute werden zu lassen.

Und so war unser Vormittag heute ziemlich perfekt. Verbracht außerhalb der Stadt. Anbei also eine Summary unser Dublin mit Kind Reise in Instagram:

das charmanteste am Flug: der Gang über das Rollfeld. Unbezahlbar.
Unser Zimmer im Brooks Hotel. Nicht auf dem Bild: ein Bett.
That’s the way one moves in Dublin.
my first Dinner: 6 fresh Irish Oysters
Gateway to the coast
diese beiden Damen aus Amerika suchten extra Action nachdem ihr Kreuzfahrtschiff aufgrund des Wetters eine Nacht vor Anker ging und begleiteten uns nach Howth

Ich hör nix! Is so windig!
Yap. Das kann passieren wenn man nicht aufpasst
dafür haben wir die hier gesehen! Robben im Hafenbecken!

das alte Problem…

Ich hoffe, dass die wichtigen Klamotten bis Morgen im Schrank getrocknet sind. Dann sind wir bereit für die nächste Runde, Dublin!

Morgen alles wieder trocken. Dank Heißluft-Schrank.

Habe irgendwo aufgeschnappt, dass Irland aus der EM geflogen ist. Mitbekommen habe ich davon nichts.

Ich war übrigens so frei, euch mit einem Foto von meinen Füßen zu verschonen. Nachdem mich vor einer Woche in Vietnam am Strand 12 Trilliarden Sandbugs bissen wurde es immer schlimmer und schlimmer bis ich mir hier ein Antiallergikum kaufen musste. Sagt mal in einer Apotheke die Worte ‚Vietnam‘ und ‚Stiche‘ – da kriegt ihr Blicke. Aber sowas hab ich auch noch nicht erlebt. Jetzt wird es langsam besser…

Setze mich jetzt auf die leere Minibar auf den Schrank. Aufwärmen. Gute Nacht.

10 Gedanke zu “Dublin mit Kind – manchmal ist einfach der Wurm drin”
  1. Ha, wunderbar geschrieben.
    Da ich selbst vor einer Woche noch in Dublin war kann ich mir das alles gerade bildlich vorstellen.
    Jaa, das war nix mit der EM. Sehr schade. War ich doch von You never beat the irish so begeistert..

    Liebe Grüße aus München!
    Manuela

    1. @Seiltanz – Danke dir für dein Feedback. 😉 Es schüttet immer weiter und weiter. Ich denke, wir brechen heute mal zum ‚Dead Zoo‘ auf und wenn wir es schaffen zu diesem Imaginosity. Was etwas außerhalb liegt leider…

    2. @Manuela – Ach, und ich habe nicht einmal mitbekommen, dass sie so wunderbar gesungen haben im Stadion. Haben sie hier in der Kneipe bestimmt auch. Kleiner Nachteil an ‚um 21 Uhr mit den Kindern auf dem Zimmer sein‘. 😉

    1. @Jens – Natürlich. 😉 Cancel allerdings der Reihe nach Dinge, die ich mir vorgenommen hatte. Und die Jungs brauchen AUSLAUF.

  2. Ohje ohje, du klingst ja völlig am Ende. Aber irgendwie beruhigt es mich, dass auch bei mir nicht immer alles nach Plan läuft und ich nicht mit einem -mir auf der Nase herum tanzenden- Kind alleine bin.

    Und dennoch irgendwie spannend, lustig und interessant deinen Bericht zu lesen.

    Liebe Grüße & kommt gut zurück
    Christina

  3. Schönes Hotelzimmer. Einen Trockenschrank hätten wir auch gebrauchen können, wir wurden auch täglich nass geregnet, als wir im Herbst 2012 da waren. Trotzdem immer schön nass in Cafés oder Läden zu hechten und da ist alles entspannt und es läuft gute Musik und alle sind irgendwie gemütlich drauf. So ganz anders als hier. 🙂

    1. @ Stiller – über den Trockenschrank denke ich ja wirklich noch nach. Und frage mich, ob das Absicht war. Ich hätte mich manchmal gern reingestellt um mich an der warmen Luft aufzuwärmen. Das war BEVOR ich das Badezimmer aus Versehen flutete. Post folgt. 😉

  4. Kann denn jemand von einer Regenfreien Zeit in Dublin berichten? An sich sieht das ja alles durchaus interessant aus, aber ich kann mir vorstellen, wie schwierig es ist, da zwei „Abenteurer“ mit unter den Hut zu bekommen… Ich hoffe den Füßen geht es wieder besser ??

    1. @Janett – ein ausführlicher Dublin Bericht folgt in den nächsten Tagen. Wobei wir wirklich keinen Tag komplett ohne Regen erlebten…

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