NEIN. Natürlich wird das hier kein zweiter offener Brief an irgendjemanden. Wobei, meinen Post über den Kindergartenfotografen haben unfassbare 1100 Leute geteilt! Am Tag der Veröffentlichung haben ihn allein über 7000 Leute gelesen! Das ist wohl nicht nur für diesen kleinen Blog unglaublich viel! Und ich bin erstaunt vom Feedback. Ob positiv oder negativ. Aber offenbar traf ich da mitten in etwas hinein.

Ich könnte aber einige weitere offene Briefe schreiben. Zum Beispiel an den DHL Paketboten. Der seit über einer Woche mit unserem Kekspaket unterwegs zu sein scheint. Ich meine. HALLO. Meine lieben Eltern haben stundenlang in ihrer sauerländischen Küche gestanden und für UNS gebacken. Ich weiß genau wie die Kekse aussehen. Spritzgebäck in S-und I- und O-Form. Makronen, so hart, dass man Angst hat einen Zahn zu verlieren. Russisch Brot. Einen Tick dunkler als geplant. Das sind nicht irgendwelche Kekse. Das sind Erinnerungen! Wahrscheinlich begleitet dich mein Kekspaket auf dem Beifahrersitz während du auf deinen wilden Touren durch Köln über rote Ampeln bretterst. Ich sehe genau, wie deine rechte Hand immer wieder in meine Packung langt!

Oder an den Briefträger. Der brachte es neulich fertig, mir einen leeren Briefumschlag in den Briefkasten zu werfen. Genau genommen war der Briefumschlag nicht einfach leer. Nein, er war seines Inhaltes beraubt. Jemand hatte doch die Dreistigkeit besessen, das Ding aufzuschneiden und den Inhalt zu mopsen. Da frage ich mich zurecht – wer zum Henker macht sowas? Und warum landet es dennoch in meinem Briefkasten? Meine kriminelle Ader liess mich glauben, dass solche Briefe mit leicht krakeliger Handschrift verziert – ja…von meinen Eltern – abgefangen werden weil jemand glaubt, Oma würde den Enkeln wieder Geld schicken. (Ganz ab bin ich von dieser Theorie noch nicht) Eine Nachfrage bei der Post klärte aber den Sachverhalt. Nein nein, solche kleinen Briefe (nur mit Briefporto bestückt) würden bewusst aufgeschlitzt während des Einsortierens und der Inhalt entfernt. Das sei völlig normal. Der Inhalt lande dann in einer großen Kiste und man müsse ihn dann in der Poststelle identifizieren um ihn zurückzubekommen. Achso. Mein Fahrradschlüssel jedenfalls ist weg.

Oder ich schreibe an die Hersteller von Nerdtechnikunterbringungsmöglichkeiten. Ihr erinnert euch vielleicht an meine ausgiebige Suche nach einer Tasche, in der ich Ipad UND Kamera unterbringen kann? Nun, jetzt geht meine Suche weiter. Ich habe heute zugeschlagen. Der Preis war – wenn man das in diesen Höhen so nennen kann – wirklich gut. Und ich ging mit einem kleinen großen Air nach Hause. Ich entwickele mich mehr und mehr zum Nerd. Aber von dem Teil träume ich schon seit ich mal versucht habe meinen 2.8 kg schweren Laptop mit nach Málaga zu nehmen. Und nun bin ich sehr gespannt wie wir beide zurecht kommen. Ich habe ja schon einen Laptop mit Bier übergossen. Ein anderer fiel mir runter. All das ist nun absolut tabu!

Aber Frau benötigt natürlich eine Hülle für das schöne Dinge. Ich habe ja die Looper, aber möchte auch eine kleine, dünne Hülle in die das Air reinpasst. Meine Ansprüche sind niedrig.

  • sie darf keine 75 € kosten
  • sie sollte möglichst nicht doppelt so dick sein wie das MBA.
  • bitte, warum stinken die meisten so?
  • Ich will ZWINGEND ein extra Fach haben mit Reissverschluss. Für Ladekabel, Zeug, Zeug und nochmal Zeug
  • der Tragegurt sollte NICHT mit einem Klick geöffnet werden können
  • und nein, ich möchte keine Gewalt anwenden um dass Air rein zu quetschen

Aber genau da ist das Problem. MANN versteht das nicht. Mann fragt mich so Sachen wie warum, wofür, weswegen und so. Argumente zählen nicht. Es gibt doch so schöne Lederhüllen. Und wenn ich es länger benötige packe ich es in meinen Rucksack. NEIN. Genau nicht. Bah. Pfui. Ich hasse Rucksäcke. Mit einem Rucksack auf den Schultern sehe ich aus wie ein graues Michelinmännchen. Ich will doch nur einen Reissverschluss. Also wer – ausser Cool Bananas – einen Tipp in diese Richtung hat für mich: Her damit!

Das hier wird mein persönlicher Jahresrückblick. Bisher habe ich ja immer brav meine Fotos eingestellt, die ich aufgenommen habe. Mit nettem Text. Vielen Links und ein paar Infos. Aber ich glaube, das langweilt mich. Die heile Welt macht ab sofort eine Pause. Ich als Typ bin geneigt alles eititei sein zu lassen. Schön alles 5fach reflektieren. Die eigene Meinung hinter einem Berg so hoch wie der Kilimandscharo halten. Niemandem zu nahe treten. Aber das macht auch nicht glücklich.

Ich überlege schon seit einigen Tagen ob ich überhaupt so etwas wie einen Jahresrückblick zusammen fassen soll. Aber dann frage ich mich wieder – was habe ich schon zu zeigen? Ich habe keine Hochzeitsfotos fotografiert. Keine großartigen Portraits. Was habe ich überhaupt gemacht in diesem, meinem Jahr 2011?

Ich bin durch die verschiedenen Genres der Fotografie gehetzt. Habe Events begleitet, Konzerte fotografiert. Sportfotografie war sehr ein großes Thema. Einige Portraits sind entstanden. Anderen habe ich abgesagt. Ich stand zweimal mit Chris de Burgh auf der Bühne sowie mit Flo Mega, Gentleman und den Wise Guys und begleitete sie auch backstage. Ich sass zum ersten Mal in einem Tourbus. Wenn auch viel zu kurz. Mit den Jungs fuhr ich auch hoch auf dem grünen Karnevalswagen durch Sülz. Ein Traumjob! Leider sehr schwer ranzukommen. Und als der Schlagzeuger von Chris de Burgh während des Soundchecks ‚Thumbs Up‘ zeigte und gefühlt einen Salto rückwärts als Reaktion meinerseits einforderte dachte ich, alter Schwede. Vielleicht bin ich einfach zu uncool für den Job.

Ich habe für den Bonn Marathon und den Köln Marathon gearbeitet, beim London Marathon aus Eigeninitiative fotografiert und viel gelernt. Ich habe bei Spielen des 1. FC Köln hinter dem Tor gestanden und Fußball fotografiert ohne genau zu wissen was ein Abseits ist. Wurde von Fans aus der Südtribüne geschmissen und habe aus Versehen Ultras fotografiert. Habe mit 50 Fotografen auf einem 2 Quadratmeter großen Podest mitten im Stadion gestanden beim DFB Pokalfinale der Frauen. Und bin nicht runtergefallen. Ich habe das Stadion auch ohne Fußball fotografiert. Dafür mit Grönemeyer drin. Den Judo Grand Prix. Bundesligavolleyball in Düren. Beachvolleyball im Rheinauhafen. Ein Fechtevent. Behindertensportveranstaltungen und die Wahl zum Kölner Sportler des Jahres. Leistungsdiagnostiken am Olympiastützpunkt. Das Kindersportfest. Ein BMX Event. Moto Cross. Skateboardfahrer. Eishockey. Einen Stierkampf und eine Reportage bei Fortuna Köln. Ich habe Reportagen über Berufe fotografiert im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit. Habe mich in Situationen gestürzt, die vollkommen neu für mich waren. Ich war zum Royal Wedding spontan in London.

Ich habe aber auch meine Grenzen aufgezeigt bekommen. Bin Ideen begegnet, die ich nicht machen kann oder Ideen, die ich nicht machen möchte. Ganz ungeahnte Probleme traten auf wie „Wie komme ich am grazilsten vor 15.000 Menschen mit 6 Kg Equipment von einer 2,50 hohen Bühne runter und WIEDER RAUF?

Ich habe zwei kleine Kinder, einen Job und jeweils Zeit bis 15 Uhr 30. Dann klingelt so etwas wie ein schriller Wecker und ich rase in den Kindergarten. Es ist sehr schwer, alles unter einen Hut zu bekommen. Zu erklären, warum man unbedingt hier fotografieren muss und da. Warum man nicht früher nach Hause kommen konnte und warum man des nachts bis spät am Computer sitzt und morgens zu lange im Schlafanzug steckt. Warum man dies kaufen muss und jenes. Sich einen unbezahlten Samstag Nachmittag für die Fotografie freizuschaufeln während der Partner sich zuhause allein um die Jungs kümmert ist Luxus. Ich habe in diesem Jahr mit meinen Einnahmen nach und nach mein Equipment aufgestockt. Letztendlich auch ewig auf die D800 gewartet. Mittlerweile bin ich wohl froh, dass sie immer noch nicht auf dem Markt ist. Denn eine so teure Kamera sorgt auch für richtig Druck auf dem Konto. Und Druck möchte ich mir momentan nicht machen. Oft habe ich bis kurz vor Kindergartenschluss Bilder bearbeitet/sinnlose Blogposts geschrieben und dann die Jungs abgeholt. Und das ist nicht gut. Ich erwischte mich dabei, die beiden in eine Nebenrolle zu verfrachten.

„Ameisenscheisse!“

Ich muss die beiden mit Schokobons erpressen damit sie für ein gezieltes Foto nicht aus dem Bild laufen. Hier brüllen sie gerade „Ameisenscheisse!“ Auch das ein Kompromiss.

Ich rechtfertigte es damit, nach Jahren des ’nicht mehr richtig arbeiten könnens‘ als mein gutes Recht neue zusätzliche berufliche Möglichkeiten zu ergreifen. Denn in meinem eigentlichen Job – für den ich sehr dankbar bin! – habe ich Arbeitszeiten, die sehr schwer mit Kindern zu vereinbaren sind und ich wurde leicht unzufrieden. Boxte daher zuhause einiges durch. Was ich nicht bereue. Aber jeder einzelne Schritt war ein kleiner Kampf.

Teils fühl(t)e ich mich völlig unverstanden, wurde als Nerd und Internetsüchtig bezeichnet. Ja. Ich nutze Social media, und ja. Ich surfe am Computer immer parallel im Netz auch wenn ich mich eigentlich nur der Bildbearbeitung widmen will. Ich kann gut nachvollziehen, dass das sehr anstrengend sein kann für Menschen, die mit diesem ganzen Zeug nichts zu tun haben. Aber es ist schon so, dass man als Frau um die Kinder herum organisieren muss. Und teils schräg angeschaut wird wenn NUR Heim und Herd nicht die absolute Traumvorstellung sind.

Aber im nächsten Jahr geht die Grundschule los. Auch hier sind Betreuungsplätze rar. Bis dahin möchte ich mit den Jungs noch einiges erleben und daran arbeite ich. Mal sehen was 2012 so passiert…

7 Gedanke zu “Mein Jahresendbrief ohne Fotos”
  1. schönes Resüme und vielleicht sollte man im kommenden Jahr so eine Art Blogparade der offenen Briefe starten. Das macht Spaß solche offenen Briefe zu lesen und wenn sie dann auch noch gut geschrieben sind wie hier dann umso mehr.

    Ich wünsche dir/ihnen eine schönes erholsames Weichnachtsfest und einen Guten Rutsch in ein neues spannendes Jahr

    LG
    Chris, ein gerne Leser

  2. @Chris das ist sehr nett von dir! Ich freue mich immer sehr, wenn ich von dir höre, lese oder sehe. 😉 Ich wünsche dir wunderschöne Weihnachten!

  3. Offene Briefe zu diesen Themen, ich mag das – sie kommen direkt aus dem Leben und zeigen das nicht nur ich solche Gedanken trage – Dinge erlebe – und doch mag ich das sehr, denn manchmal ist das Leben echt hart. Egal ob Mutter von zwei Kindern, oder ich im Rolli mit meiner Familie. Also mach bitte weiter, Danke und ein Frohes Fest und einen Gruß vom Frank

  4. Heike, was du in 2011 erlebt hast erleben andere nicht in 5 Jahren und die Kämpfe die du gekämpft hast können nur Frauen austragen.
    Und das sage ich als Mann. Ich ziehe meinen Hut vor Frauen die Kinder erziehen und dabei mit soviel Leidenschaft einen Job machen wie du. Klar braucht man dafür auch die passende zweite hälfte, aber trotzdem. Hut ab.
    Die Art wie du schreibst oder soll ich sagen wie Du erzählst finde ich sehr gut.
    für 2012 nehme ich mir vor viel mehr von Dir zulesen und du nimmst Dir vor mehr zu schreiben 🙂 OK? Deal!

    Mach weiter so.

  5. Wow, sehr ehrlich und schonungslos. Ich mag diesen Jahresrückblick 1000 Mal lieber, als all die Jahresrückblicke, die einem in TV um die Ohren geschlagen wurden.
    Ich freu mich, von Dir weiter zu sehen und zu lesen.

    Dir ein gutes neues Jahr, wie immer Du es gestalten wirst.

    Natàlia

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